Zusammenfassung des Reports „Harrowing Journeys“ von UNICEF und IOM
Viele junge Menschen weltweit verlassen ihre Heimat – sei es, um vor Krieg und Gewalt zu fliehen oder um elenden Verhältnissen zu entgehen. Während der überwiegende Großteil von ihnen in Afrika und Asien Zuflucht sucht, wagen auch immer wieder Kinder und Jugendliche die gefährliche Reise über das Meer nach Europa. Der Mangel an legalen Zuwanderungsmöglichkeiten und immer größere Anstrengungen zur Abschottung der Grenzen führen nicht dazu, Flucht und Migration zu stoppen.
Ein neuer gemeinsamer Bericht des UN-Kinderhilfswerks UNICEF und der Internationalen Organisation für Migration IOM zeigt vielmehr, dass sich junge Menschen dadurch gezwungen sehen, Schmugglern und Menschenhändlern ihr Leben anzuvertrauen und immer größere Risiken einzugehen. Für den Bericht wurden Interviews mit rund 11.000 Jugendlichen und jungen Erwachsenen von 14 bis 24 Jahren ausgewertet, die zwischen Januar 2016 und Mai 2017 über das Mittelmeer nach Europa gekommen sind.
„Wir haben unser Leben riskiert, um hierher zu kommen“, sagt beispielsweise der 17-jährige Mohammad, der über Libyen nach Italien einreiste. „Wir haben ein Meer überquert. Wir wussten, dass es nicht sicher ist, aber wir mussten ein Opfer bringen. Entweder riskieren wir es, oder wir sterben.“
Der Bericht „Harrowing Journeys“ („Qualvolle Wege“) zeigt, dass die verschiedenen Fluchtrouten für alle Menschen gefährlich sind – Jugendliche und junge Menschen sind jedoch in größerer Gefahr als ältere Erwachsene, Opfer von Ausbeutung und Menschenhandel zu werden. Dazu kommen andere Faktoren wie das Herkunftsland, Route, Reisedauer und Bildungsgrad, die sich auf die Sicherheit der jungen Menschen auswirken.
Wichtigste Ergebnisse der Studie von UNICEF und IOM
Die zentrale Mittelmeerroute (ZMR) ist eine der gefährlichsten Flucht- und Migrationsrouten weltweit, für alle Menschen – für Kinder und Jugendliche sind diese Gefahren allerdings noch höher. Fast zwei Drittel der Jugendlichen und jungen Erwachsenen auf der zentralen Mittelmeerroute berichteten davon, auf ihrem Weg – meist in Libyen – gegen ihren Willen festgehalten worden zu sein. Besonders auf der östlichen Mittelmeerroute (ÖMR) zeigt sich ein deutlicher Unterschied in der Behandlung der jungen Menschen je nach Herkunftsregion.
Ergebnisse im Überblick
Forderungen von UNICEF
- Kinder auf der Flucht müssen vor Ausbeutung und Gewalt geschützt werden. UNICEF fordert, die sicheren und legalen Wege der Migration und der Flucht für Kinder zu erweitern. Der Kampf gegen Menschenhandel, die Stärkung von Kinderschutzsystemen und der verbesserte Zugang zu Informationen können dazu beitragen, Gefahren für Kinder auf der Flucht und für migrierte Kinder zu verringern. Kinder und ihre Familien dürfen nicht in ihre Herkunftsländer zurückgeführt werden, wenn sie dort in Lebensgefahr sind oder ihnen Verfolgung droht.
- Die Inhaftierung von geflüchteten oder migrierten Kindern muss aufhören. UNICEF fordert den konsequenten Auf- und Ausbau praktischer Alternativen zur Inhaftierung von Kindern, zum Beispiel durch die Unterbringung von unbegleiteten und von ihren Familien getrennten Kindern in Pflegefamilien, betreuten Wohnprojekten oder anderen familien- oder gemeindenahen Wohngemeinschaften. Kinder sollten nicht in Einrichtungen für Erwachsene festgehalten werden.
- Die Einheit der Familie muss gewahrt bleiben und jedes Kind braucht einen legalen Aufenthaltsstatus. UNICEF fordert strengere Richtlinien, die Kinder davor schützen, an Grenzübergängen von ihren Eltern und anderen Familienmitgliedern getrennt zu werden. Verfahren zur Zusammenführung von Kindern mit ihren Familien in den Zielländern müssen beschleunigt werden. Alle Kinder brauchen offizielle Ausweis- und Identifikationsdokumente und müssen bei Geburt registriert werden.
- Alle geflüchteten und migrierten Kinder müssen Zugang zu Bildung und Gesundheitsversorgung haben. Regierungen, Gemeinden und der Privatsektor müssen gemeinsam mehr dafür tun, um Bildung, Gesundheit, eine Unterkunft, Ernährung sowie Wasser- und Sanitätsversorgung für Kinder, die sich außerhalb ihrer Heimat befinden, zu gewährleisten. Der Aufenthaltsstatus eines Kindes darf hierbei keine Barriere für den Zugang oder die Inanspruchnahme grundlegender sozialer Dienstleistungen sein.
- Die Ursachen für die Flucht von Kindern und Jugendlichen aus ihrer Heimat müssen bekämpft werden. Langandauernde Konflikte, anhaltende Gewalt und extreme Armut und Benachteiligung zwingen Millionen von Kindern ihre Heimat zu verlassen. UNICEF fordert, Mädchen und Jungen stärker vor Konflikten zu schützen und die Ursachen von Gewalt und extremer Armut in den Herkunftsländern zu bekämpfen. Dazu gehören ein besserer Zugang zu Bildung, ein Ausbau des Gesundheitssystems, soziale Unterstützung sowie die Förderung von Toleranz und friedlichen Konfliktlösungen. Für die Heranwachsenden sind Ausbildungs- und Arbeitsmöglichkeiten entscheidend, um in ihrer Heimat eine Perspektive zu haben.
- Fremdenfeindlichkeit und Diskriminierung müssen bekämpfen werden. Jeder muss einen Beitrag dazu leisten, dass geflüchtete Kinder in ihrem neuen Zuhause ankommen können. UNICEF ruft lokale Entscheidungsträger, religiöse Gruppen, Nichtregierungsorganisationen, Vertreter der Medien und des Privatsektors dazu auf, Verantwortung zu übernehmen und dabei zu helfen, einer feindlichen Stimmung gegenüber Flüchtlingen entgegenzuwirken und die Solidarität und das Verständnis füreinander zu erhöhen. Regierungen sollten härtere Maßnahmen zur Bekämpfung von Diskriminierung und Marginalisierung ergreifen.
Downloads
- Webseite: unicef.org/uprooted
- Der Report sowie Fotos können heruntergeladen werden unter: weshare.unicef.org
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